Hinter den Kulissen vom 'Requiem'
Nicht selten überrascht die Faster-Than-Light-Dance-Company bei den Aufführungen der einzelnen Produktionen die Zuschauer mit besonderen und ungewöhnlichen Aufführungsorten. Nach mehreren Open-Air-Aufführungen ('Aus den Fluten', 'Wächter der Träume'), einer Aufführung am Strand ('Atlantis') und in der Humboldt-Bibliothek ('Bewegend:er als Bettlektüre'), wurden die Choreographien zu Wolfgang Amadeus Mozarts 'Requiem' ein Teil der einmaligen Architektur der Kirche zum Heiligen Kreuz in Berlin-Kreuzberg. Die Darstellerin Janine Groß, die u. a. die Rolle einer der vier Engel übernahm, erinnert sich an die räumliche Gestaltung und die sich daraus bei dieser Produktion ergebenen Konsequenzen.
Der Gedanke, in einer Kirche zu tanzen, machte das Requiem von Anfang an sehr interessant für mich als Tänzerin. Zwar hatte ich überhaupt keine Vorstellung von der Arbeit während der Vorstellungen, freute mich aber trotzdem auf diese Erfahrung.
Auch diesmal wurde ich nicht von der FTL enttäuscht. Nach einigen Proben wusste ich dann zwar schon, dass wir auf verschieden hohen Ebenen tanzen würden, konnte mir aber immer noch kein klares Bild machen. Als es dann endlich soweit war und ich die ersten Schritte in die Kirche zum Heiligen Kreuz machte, verschlug es mir die Sprache. Ich war überwältigt von der Größe und Anmut dieser Kirche. Durch ihr renoviertes Inneres gab sie einem vielmehr Möglichkeiten, darin zu tanzen, als man dachte. In der Apsis befand sich die Hauptbühne. Von da aus musste man ein paar Schritte entfernt links und rechts vom Publikum Treppen hochsteigen, um auf die verhältnismäßig hohe Brücke zu gelangen, auf der wir auch tanzen sollten.
So gut wie jeder musste erst mal schlucken beim Ausblick von der Brücke. Sie war zwar nicht extrem hoch, aber hoch genug um jedem, der eine Hebung auf ihr machen sollte, in Schrecken zu versetzen. Auch relativ schmal war diese Brücke. Ich erinnere mich gut an einige schmerzvolle Aufschreie während der Durchlaufproben, bei denen Hände und Arme schwungvoll gegen das Geländer schlugen. Trotzdem wagten wir uns jedesmal auf's Neue hoch. Von der Brücke an gingen die Treppen noch höher. Dort tanzten wir Teile der letzten Szene und endeten in einem der sehr hoch gelegenen Winkel der Kirche.
Jedoch hat man in der Choreographie dann sowieso nicht allzu viel Zeit, sich darüber Gedanken zu machen. Also versucht man einfach nur zu tanzen und von der unteren Bühne schnell, mit dem Rock über den Arm geschmissen, die Treppen zur Bühne hochzurennen, um es pünktlich zum Einsatz zu schaffen.
Im Vergleich zu 'normalen' Bühnen möchte ich fast sagen, dass es mir in der Kirche besser gefallen hat zu tanzen. Trotz der Schwierigkeiten, sich in diesem ungewöhnlichen Raum zu bewegen, war es gerade das Neue und Schwierige, das den Reiz ausmachte. Auch die Atmosphäre, die die Kirche ausstrahlte, verhalf einem, die Choreographien mehr zu leben und sich in das Stück hineinzuversetzen. Auch wenn ich mich jetzt schon wieder auf ein Stück mit festem Boden unter den Füßen freue, war das Requiem ein wunderbares Tanz-Theater-Erlebnis.